Sonntag, 31. August 2014

Entscheidung im Karwendel

Die goldene Regel für diesen Blog lautet ja: Nur schreiben, wenn ich auch Lust habe und es was zu berichten gibt. Das ist heute gar nicht so leicht zu beurteilen: Sitze ich nicht allein deshalb vor der Tastatur, weil es da draußen wie aus Kübeln schüttet? Hatte ich gestern unterwegs die meiste Zeit über nicht einfach einen leeren Kopf?

Dabei fing der Tag so verheißungsvoll an. Als ich um 4.30h die Klamotten ins Auto lade, um von Leutasch zum Start des Karwendellaufs nach Scharnitz zu starten, traue ich meinen Augen nicht: Auf der Dorfstraße, keine 50m entfernt, steht ein kapitaler Hirsch, ein riesiges Tier, wie ich es in freier Wildbahn noch nie gesehen habe. Er beobachtet mich ein Weilchen und trottet dann gemächlich weiter durch die Gärten Richtung des Hangfusses, um dort in den steilen Wald zu verschwinden. War das jetzt echt oder wieder nur einer dieser verrückten PreRace-Träume vor (zu) frühen Starts?

Wider Erwarten regnet es nicht, und das Thermometer zeigt lauschige 15°C hier oben auf 1.100m an. Vielleicht wird es ja doch was mit einem Lauf unter "einigermaßenen" Bedingungen. Von den bisherigen 5 Auflagen des "neuen" Karwendelmarsches sind allerdings nicht weniger als 4 ins Wasser gefallen. Letzte Woche beim APUT habe ich zwar erfahren, dass man durchaus auch in den Bergen im Regen laufen und einen gewissen Spass haben kann, aber natürlich würde ich Trockenheit und Sicht vorziehen. Den Wettervorhersagen konnt man letztlich nichts wirklich Aussagekräftiges entnehmen, zu wankelmütig kamen sie über die vergangenen Tage daher (und meist zu optimistisch). Wie auch immer, ich bin für alle Eventualitäten ausgerüstet, diesmal auch für unbeleuchtete Dixies vor dem Start.


Ich bereue nicht, bereits eine Stunde vor dem Start um 5h auf dem "Event"-Parkplatz (der im Normalfall von den Myriaden von MTBlern eingenommen wird, die von hier aus das Karwendel erstürmen) anzukommen und noch einen halbwegs unzuparkbaren Slot zu erwischen. Das Dropbag für das 52km entfernte Ziel in Pertisau am Achensee - go straight east! - ist auch fertig, also auf zum Start am Gemeindehaus, das ungefähr 1k entfernt ist. Es nieselt nur leicht, ist nach wie vor fast warm, und ich entscheide mich angesichts der auf den ersten 18k bevorstehenden 900 postiven Höhenmeter die Regenjacke lieber gleich in den Laufrucksack zu packen. Auch die ewige Frage "Startnummernband oder nicht" wird wieder zugunsten der eigentlich nicht vorgesehenen rückwärtigen Montage am Laufrucksack entschieden - die Wanderer, die den Großteil der Teilnehmer der insgesamt damit zurecht "Karwendelmarsch" titulierten Veranstaltung stellen, machen das ja auch so.

Pünktlich 10 min vor dem Start beginnt es zu regnen, zunächst - dann zu schütten. Obwohl ich so was hasse, entscheide ich mich noch um 5:57h dazu, das Icebreaker long sleeve aus- und die Regenjacke anzuziehen. Ich bin voll konzentriert und vergesse nicht einmal, das Shirt im Rucksack auch in eine Plastiktüte zu stecken. Ohne (= nass) würde es mir nicht viel nützen, wenn ich später darauf zurückgreifen muss. Noch immer stehen die meisten in Kurzarm herum, viele ohne Kopfbedeckung, einige sogar im Singlet. Entweder sind die hier alle wirklich hart, oder sie wissen es halt besser. Die Startansage erwähnt dann auch das Wetter nur beiläufig als "typisch" für den Karwendellauf, und bei einer Schneefallgrenze von 3200m sei ja alles halb so wild und eben optimales Laufwetter.

So, jetzt aber! Buumm - der Kanonenschlag haut mich fast um. Das Feld der über 500 Läufer startet vor den Wandereren und auf der Bundesstrasse wird gleich mal Vollgas gegeben. Was haben die hier vor? Selbst weit zurück im Mittelfeld ist eine pace angesagt, die mir so gar nicht dem Restvorhaben (52km und 2.300hm, verteilt auf 3 Hauptanstiege) angemessen scheint. Erst nachdem eine erste Geländestufe hinter uns liegt und sich das Karwendeltal, dem wir bis km18 nach Osten hinauf auf den Hochalmsattel (1803m) beim Karwendelhaus folgen werden, öffnet, finde ich nach und nach zu einem erträglichen Rhythmus.

Ich weiss nicht, ob ich weinen oder mich freuen soll: Weinen, weil ich ja ansatzweise weiß, wie umwerfend es hier aussieht, wenn die Sicht auf die Berge frei ist. Letztes Jahr kam ich Anfang August bei Traumwetter auf meiner Mission München-Venedig hier durch die Gegend und übernachtete auf dem Karwendelhaus. Ein Highlight der gesamten Tour! - Oder eben freuen, weil heute die ganze Phantasie gefragt ist, hier überhaupt ein Gebirge zu vermuten, wenn die Sichtweite oft nicht weiter reicht als 30m. Und was kann schöner sein als der Phantasie freien Lauf zu lassen!

Durch ein merkwürdiges Geschrei werde ich aus meinen Überlegungen gerissen, wir nähern uns dem ersten VP (der auf österreicherisch "Labe-Station", also besser "LS" heisst). Ein älterer Herr vom Standpersonal unterhält sich nett mit den Läufern, um zwischendurch immer wieder unvermittelt ein gebrülltes "Tää! - Tää!" auszustoßen. So haben beide Seiten ihren Spaß. Der ist für die Läufer nur wenige km später erstmal zu Ende, denn die Serpentinen hoch zum Joch beginnen, und die Steigung nimmt spürbar zu. Mir gelingt es einige Zeit, im Laufschritt zu bleiben, aber als mich der erste im Gehschritt überholt, erinnere ich mich an die goldene Regel des (Ultra-) Berglaufs: Kraft sparen!

Es regnet ziemlich stark, und je näher wir dem Joch mit LS2 in der Nähe des Karwendelhauses kommen, um so windiger wird es. Zu Beginn der eigentlichen Rampe hatte ich die Regenjacke ausgezogen - nass ist nass, egal ob von innen oder von außen. Jetzt wird mir aber trotz des Volldampfes, unter dem wir stehen, langsam etwas kühl und als erstes ziehe ich mir im Schutz eines Bergwacht-Zeltes an der Station wieder Klamotten über. Es gibt hier oben als Schmankerl eine köstliche, fast heiße Kartoffelsuppe, praktischerweise aus normalen Trinkbechern, einfach ideal bei diesen Bedingungen. Ich nehme mir Zeit für zwei Becher im Stehen.

Der erste Downhill über 6km hinunter zum Kleinen Ahornboden auf 1400m steht an. Wie der gesamte bisherige Weg weiterhin auf einem Fahrweg. Allerdings jetzt auf einem sehr ruppigen Belag mit sehr groben Steinen und "eingebautem" anstehenden Fels dazwischen. Nicht ganz einfach und auch nicht ungefährlich zu laufen, denn die Sicht ist allgemein schon schlecht, bei mir tendiert sie wegen beschlagener und nasser Brille gegen Null. Da hilft auch der Schirm der Haglöfs-Kappe, die ich vor einem Jahr bei der Wanderung genau hier auf der Strecke fand und die logischerweise heute hierhin Ausgang bekommen musste, nicht wirklich viel. Mehrfach versuche ich, die Gläser mit den Fingern abzuwischen, aber das Resultat ist leider eher eine Verschlimmerung. Ich torkele also wohl von außen betrachtet relativ amotorisch da hinunter, immerhin scheint es einigen noch schwerer zu fallen, hier die pace zu halten und ich mache einige Plätze gut. Ja - dann der Kleine Ahornboden, letztes Jahr ein kitschiges Idyll mit diesen vereinzelt auf den sattgrünen Wiesenflächen vor den weißen Mauern der Karwendelspitzen unter einem dunkelblauen Himmel stehenden Baumriesen. Heute ein einziges vernebeletes Grau in Grau, hinter dem man - ich erwähnte es bereits - nicht unbedingt ein Hochgebirge vermuten muss. Das schottische Hochland käme auch in Frage. Auch der Boden gibt das her, hier unten eher ein Sumpf als eine Bergwiese. Längst habe ich aufgegeben, "trockene" Trittstellen finden zu wollen.

Ich halte mich nicht groß an der LS auf. Ab hier betrete ich privates Neuland, und das reicht zur Motivation, selbst bei diesem Wetter. Es geht jetzt wieder hinauf zur Falkenhütte auf 1850m, wiederum über 6km, also insgesamt km30. Zunächst vollzieht sich das recht moderat und abwechslungsreich (gemessen an der wenigen Abwechslung, die heute optisch wahrnehmbar ist), am Ende zweigt der Trail jedoch auf einen Grashang ab und zieht sich dann in der Direttissima steil, oft mit Stufen, bergauf. Ich erkenne nach einiger Zeit als Vorteil an, im Nebel nicht ausmachen zu können, wie lang es noch so weiter geht. Normalerweise sieht man die Hütte garantiert über die gesamte Passage, verbunden mit dem berg-typischen Trugschluss "ich bin schon fast da!" Jetzt steigt man eben und steigt und steigt, und irgendwann wird die Hütte aus dem Nebel auftauchen und es wird vorbei sein und die brennenden Schenkel dürfen sich auf die "Erholung" bergab freuen.

Vor dem eigentlichen Abstieg tief hinab zur Eng am oberen Ende des Großen Ahornbodens (1225m, km 36) queren wir nun auf recht alpinen, aber (eigentlich) gut laufbaren Trails vor den bestimmt (wenn man sie denn sehen könnte) sehr imposanten Laliderer-Wänden hinüber zum Hohljoch. Dort oben vollzieht sich wie so oft an solchen Übergängen ein ziemlicher Landschaftswechsel und es geht plötzlich über die völlig durchweichten und von meinen Vorläufern (es müssen recht viele gewesen sein!) zertretenen Almen fast nicht laufbar steil hinunter. Einer nach dem anderen zieht an mir vorbei. Erinnerungen werden wach an den Petit Ballon in den Vogesen, wo es mir auf dem Rückweg hinunter ins Rheintal ähnlich erging. Auf die Dauer sehr frustrierend, zumal ich nicht ausmachen kann, was der Trick dabei nun eigentlich ist. Wie schon beim APUT wäre ich hier ohne die Stöcke verloren bzw. noch langsamer. So schaffe ich es, sturzfrei bis zur Eng zu kommen, was insbesondere auf dem letzten km vor dieser Zwischenzeitnahme (mit Ausstiegs-Möglichkeit, da Straßenende) längst nicht allen gelingt.

Eine Zeit von um die 4h oder knapp darunter hatte ich mir bis hierher vorgestellt, um dann noch insgesamt evtl. eine sub6 zu schaffen. Nun, erstens werden jetzt schon 4:07h ausgewiesen, und zweitens sind die Beine weiß Gott nicht mehr frisch (falls sie das heute jemals waren). In Anbetracht des noch bevorstehenden (sich weiterhin dankenswerterweise in Wolken verhüllenden) abschließenden Aufstiegs über die Binsalm zum höchsten Streckenpunkt am Bimssattel (1905m, 40,5km) beschließe ich, es ruhig zu Ende zu bringen und eher die 6:30h anzupeilen. Die 70km/3000hm vor 6 Tagen stecken schon noch in den Knochen, und auch die "regenerative" 4,5h-Wanderrunde vorgestern von Leutasch über die Scharnitz-Scharte (1000hm) mag suboptimal gewesen sein (aber es schien zum einzigen Mal in der ganzen Woche die Sonne, da musste ich los!). Ich genieße also zunächst ausgiebig den köstlichen "Gemüse-Fond", eine Minestrone wie aus dem Bilderbuch, bevor ich mich dann doch wieder weiterzwinge.

Aus dem Gegenhang dann plötzlich durch ein Wolkenloch der Blick hinunter zurück auf den Großen Ahornboden, der sich selbst in dieser vom heutigen Wetter diktierten Farblosigkeit als verheißungsvolles und spannungsgeladenes Gemälde präsentiert. Ja, ich sollte dieses Ding hier wirklich noch mal bei Normalwetter (nicht aus Sicht der Veranstalter, sondern aus meiner!) wiederholen. Das sollte ich eigentlich wirklich! - Ich kämpfe mich mit zwei Leidengenossen, uns gegenseitig immer wieder antreibend, den sehr steilen Weg hinauf zur Bimsalm. Niemand ist jetzt noch im Laufschritt (hier müssen aber offenbar zuvor welche im Laufschritt durch sein, denn in diesen Minuten meines Kampfes gegen den inneren Schweinehund bei km 38 läuft das Spitzen-Trio insgesamt in Zeiten unter dem alten Streckenrekord von 4:26h im Ziel bei 52km ein - schlicht und einfach unglaublich bei diesen Bedingungen [... aber auch sonst]). Ich habe das oft studierte Höhenprofil der Strecke noch so weit vor dem virtuellen Auge, dass ich mich daran erinnere, dass die Bimsalm nicht der höchste Streckenpunkt ist, sondern es danach noch "etwas" weiter bergauf geht. Nun, dieses etwas wächst sich zu einem hammerharten, steilen und - überflüssig zu sagen - matschigen Trail aus, der mich noch näher an den Rand der Erschöpfung bringt als der finale Aufstieg zum Sonnenkopf letztes Wochenende. In einer keuchenden Kette gebeugter Gestalten arbeiten sich die "Läufer" den endlosen Zickzackweg durch die Latschen hinauf. Oft nerven Zickzacks, weil diese Form der Weganlage meist nur mäßigen Höhengewinn in Bezug auf die zurückgelegte Strecke bedeutet. Hier ist das anders, und ich versuche, die Gedanken an die Ankunft oben am Sattel auszuschalten und setze mir nur immer auf's Neue den nächsten Wendepunkt als Ziel.

Der Sattel ist dann nicht einen Meter breit, drüben geht es sofort wieder gnadenlos steil runter, wieder meist über schlammige Wiesen, zunächst hinunter zur Gramai Hochalm, übrigens immer noch im Regen. Ich möchte mit den Leuten am VP nicht tauschen, auch wenn dort jeweils aufwändige, an 3 Seiten geschlossene Zelte aufgebaut sind. Auf den folgenden 3km verlieren wir 500m an Höhe, und ich gefühlt 20-30 Plätze. Die Leute rennen mit doppelter Geschwindigkeit an mir vorbei. Muss mir egal sein. Weiter konzentriert bleiben, nach wie vor geht es durch steiles, blockiges, verwurzeltes, insgesamt natürlich glitschiges Gelände, wo einfach jeder Schritt und Tritt sitzen muss. Dann ein Bergwacht-Auto, was bedeutet, dass wieder ein fahrbarer = laufbarer Abschnitt beginnt. Ich bin ziemlich froh, bald beide Füße bei jedem Schritt ganz auf den Boden aufsetzen zu können. Mittlerweile ziemliche Schmerzen unter den Ballen, aber tolerabel.

Die letzten 9km werden also noch mal ein "Lauf". Zwar fällt die Strecke auch hier noch über 300hm, aber in der Wahrnehmung ist das nach einem Marathon eher "eben" und dementsprechende Willensstärke ist aufzubringen, um das jetzt noch durchzustehen. Jeder Kilometer ist nun als count down mit Schildern markiert. Es geht über matschige Wiesen, es gibt leichte Gegensteigungen, noch mal im Schritt. 4 oder 5km vor dem Ende beginnt wieder Asphalt. Ich bin in einer Vierer-Gruppe, von der jeder Einzelne garantiert langsamer liefe, wenn er solo unterwegs wäre. Aber so pushen wir uns fast bis ins Ziel. Erst auf dem letzten Kilometer fallen wir auseinander und ich überlasse den drei anderen den Vortritt (sind ja auch alle jünger). Im Zielort Pertisau geht es mitten durch den Touristenverkehr fast bis hinunter zum Ufer des Achensees, das bis auf wenige Meter genauso hoch liegt wie der Start in Scharnitz.

Die junge Dame, die mir die Medaille nach 6:25h um den Hals hängt, entschädigt mit ihrem strahlenden Lachen für Vieles. Im Versorgungszelt gleich nebenan gibt es Sitzbänke, Weizen und Käsebrote und sogar einen Heizlüfter. Während ich letztlich ziemlich zufrieden über meinem Bier sinniere, tropft es vom Schirm der Kappe stetig ins Glas. Mein Gott, ich merke erst jetzt, wie klitschnass ich bin. Nach 10min setzt das Frösteln ein und ich folge den Schildern Richtung "Finisher-Pakete" und "Duschen". Wenn es insgesamt an dem Lauf was zu kritisieren gibt, dann die etwas unwürdige Situation, dass man sich mit Dutzenden anderen Läufern in einem 30m² "großen" Partyzelt neben einer riesigen Tennishalle die nassen Klamotten vom Leib zerren soll, um dann in 2 Containern die erwartungsgemäß eiskalte Dusche zu empfangen. Nein danke! Das Anziehen der trockenen Sachen ist unter diesen Umständen für mich bereits Herausforderung genug und gelingt leidlich. Jetzt irgendwo ins Trockene und Warme! Meine Zuflucht wird der Windfang der Tourist-Info, die gerade wegen Mittagspause geschlossen ist. Es schüttet in Strömen, vergass ich das zu erwähnen?

Die Uhr zeigt halb Zwei und ich mache mich auf die Suche nach den Shuttle-Bussen zurück nach Scharnitz, die ab 14h fahren sollen. Und ja, da steht der erste fast abfahrbereit mit laufender Heizung und einigen Restsitzplätzen. Nichts wie hinein! Wie während der Rückfahrt vom Rennsteig oder von der BC bekommt man jetzt noch einmal plastisch vor Augen geführt, welche Distanz man zuvor bewältigt hat: Der Bus ist trotz 30km auf der Inntal-Autobahn fast 2 Stunden unterwegs, natürlich fährt er dabei ein "paar" km mehr als wir gelaufen sind, aber was solls: Es war nicht mal eben um die Ecke!

Zeit genug, die vergangene Woche Revue passieren zu lassen: Zwei Berg-Ultras mit weit über 5000hm und über 120km Distanz innerhalb von 6 Tagen jeweils im vorderen Viertel/Drittel in vernünftiger Verfassung gefinisht (ich weiß, über diese Eckdaten werden etliche schmunzeln, aber sei's drum!). Dazwischen noch 3 Laufeinheiten und eine längere Wanderung. Zwar extremer Muskelkater nach dem APUT, aber jetzt keinerlei muskuläre oder orthopädische Probleme (und das blieb auch so in den Folgetagen). Wir schreiben den 30.8.2014. Seit Wochen halte ich Jan damit hin, eine Entscheidung bzgl. eines gemeinsamen Starts beim TAR 2015 erst genau nach diesen beiden Läufen, am 31.8. zu fällen. Einige Argumente dagegen wurden nicht entkräftet: In meinen, ganz persönlichen Augen handelt es sich bei diesen Veranstaltungen wirklich nicht um "Läufe". "In den Bergen sollst Du wandern!", sage ich immer (und hab das ja letztes Jahr auch ausführlich praktiziert). Was für mich ein wirkliches no-go wäre, sind solche Unternehmungen bei Nacht, allein schon sicht-technisch. Das kommt ja nun beim TAR nicht vor, und auch sonst erscheinen mir die dortigen Eckdaten noch halbwegs von dieser Welt und auch noch in meiner nächstjährigen AK machbar zu sein.

Also:
Wer immer macht, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.
(oder vielleicht etwas klingender)
Nothing venture, nothing have.

Let's go for it! 

Dienstag, 26. August 2014

Du machst mich nicht kAPUTt !


Spätestens seit August hatte sich der Sommer 2014, so er denn je wirklich existiert hatte, aus den mitteleuropäischen Gefilden verabschiedet und Hunderte ehemaliger Wetter-Experten, die die Hoffnungslosigkeit ihres Treibens zwischenzeitlich eingesehen hatten, befanden sich auf Jobsuche. Niemand mochte auf ihre 7-Tage-Prognosen, auf denen sie „Sonne“ und „24°“ versprachen, noch einen Pfifferling geben. Das einzige, was teilweise noch half, war ein Blick auf das Regenradar möglichst kurz vor einer geplanten Laufeinheit. Obwohl – mit welcher Geschwindigkeit sich immer neue Gewitterzellen und Starkschüttungen aufbauten, war schon beeindruckend. Ich kann mich jedenfalls an die letzten 48 Stunden ohne Niederschlag, egal ob zu Hause in Göttingen oder während der 14 (rennfreien!) Tage in der ersten Augusthälfte im Chiemgau, nicht erinnern.

Ideale Rahmenbedingungen also für den Allgäu Panorama UltraTrail (APUT) mit Start und Zielort in Sonthofen, der in den letzten Jahren bekanntermaßen unter Hitzewellen, wolkenlosem Himmel und allen damit verbundenen Gefahren für die Teilnehmer zu leiden hatte. Unvergessen bleiben die letzten 5 Kilometer auf der Marathonstrecke 2012 auf dem Iller-Damm bei weit über 30° (im Schatten, wo keiner war). Heuer (um sich jetzt auch mal sprachtechnisch der Region anzunähern) würden andere Herausforderungen gestellt werden. Tapfer verkündeten die Veranstalter bis zuletzt „ideale Laufbedingungen“ auf der website – nun ja, schlimmer kann es immer kommen, das ist richtig.

Vor dem Start an dieser (heute) trostlosen Kreuzung neben diesem (heute) trostlosen Betonkasten, der sich „Allgäu Outlet“ nennt, hört man jedenfalls in der letzten halben Stunde eine Phrase sinngemäß immer wieder: „Bei so einem Regen bin ich noch nie losgelaufen!“ Und man darf annehmen, dass das hier versammelte Völkchen, das sich den 69km mit gut 3.000 Höhenmetern auf der großen Schleife rund um das obere Illertal stellt, schon den einen oder anderen Lauf in den Beinen hat. Tatsächlich ist es mehr als niederschmetternd, die wahre Intensität der Schüttung im Scheinwerferlicht der Autos, die auf dieser schicksalsträchtigen Kreuzung nach und nach mitleidslos die Läufer in die kalte, nasse Nacht ausspucken, wieder und wieder verdeutlicht zu bekommen. Nieselregen, normaler Regen – da würde ja kein Ultra meckern – aber das!? Alle drängen sich unter das schützende Vordach des Outlets, selbst 5 Minuten vor dem Start steht kein Mensch unter dem Startbanner auf der Straße. OMG, was wird das geben heute!?

Jan und ich sind von den 600m vom Auto (steht am Zielbereich) hierher schon gut durch. Der erste Planungsfehler wird deutlich: Ich habe in der Zieltasche zwar Plastiktüten für die nassen Laufklamotten vorgesehen, aber die (noch) trockenen Zielklamotten nicht auch für diesen weiten Weg bis zur Abgabe am Start wasserdicht verpackt. Nun ja, sie werden ja wohl nicht auf einer Wiese im Regen liegen wie am Rennsteig und die Tasche als Ganzes wird ca. 10 Stunden Zeit haben, wieder anzutrocknen. 

Ansonsten gab es diesmal – ha, think positive! – aber sehr wenige Entscheidungen, von denen manche falsch oder suboptimal hätten sein können, zu fällen: Schuhe – das fetteste, was Du hast (Brooks Cascadia, ergänzt mit Inov8-Gamaschen: bravourös!). Stöcke – das klarste Ja, das es geben kann (auf 4 Beinen hast Du einfach bessere Karten im grundlosen Morast als auf zweien). Regenjacke – (nur ein kleiner Scherz). Wechsel-Shirt und Mütze, Buff, Trinkblase (ja, doch!) und die Vega-Gels (wie immer liebevoll per Nagelschere an den Ecken zuvor "kantengerundet", damit es keine blutigen Finger beim Hantieren oder Löcher in den Taschen gibt) und Organic Food Bars. Hat alles gepasst. Auch die dünne Orthovox-Merino-Unterhose unter die sowieso schon zu enge CompressionsTight. Knie frei, unten CEPs (natürlich in weiss, damit man hinterher auch sieht, was Sache war!)

Startklar bis auf den Besuch des Dixies auf dem (unbeleuchteten) Parkplatz hinter dem Outlet. Lehre 1: Nachts sind alle Dixies dunkel. Lehre 2: Mit offener Tür fällt minimales Restlicht ein und du erkennst immerhin, wo die Schüssel ist. Lehre 3: Wenn Du wirklich cool bist, erinnerst Du Dich selbst in diesem angespannten Moment daran, dass das Handy zur Pflichtausrüstung gehört und eine Taschenlampenfunktion hat. Ich war dann wohl doch nicht cool genug.

Um exakt 5:58h setzt so etwas wie Unruhe ein und erste Läufer nehmen den Kampf mit den Elementen auf und begeben sich hinaus an die Startlinie. Wir 5 (Ex-)Göttinger wünschen uns gegenseitig einen guten Lauf und stehen noch keine 20 sec auf der Strasse, als vorne wohl der Startschuss fällt und sich das Feld in Bewegung setzt. Wir weit hinten in der 2. Hälfte. Sehr gut, damit ist das traditionelle, anfängliche Überpacen wirklich mal ausgeschlossen, denn es geht bald auf schmalere Fußwege und Staubildung setzt ein. Nicht zuletzt wegen des drolligen Versuchs etlicher, nicht mitten in die dicksten Pfützen zu treten. So viel ist mir klar: Damit wird sich heute spätestens nach 30min kein Mensch mehr aufhalten!

Bei km3 geht es los: Vernünftigerweise wird marschiert, und ich erinnere mich an dieser Stelle immer wieder gern an Dennis’ statement vor meiner 1. Teilnahme 2012: „Der APUT ist komplett laufbar!“ Heute ist er dann zufällig neben mir und präzisiert: „Ich habe ja nicht gesagt, in welchem Tempo!“ Lauter Irre hier, er will nächste Woche Sardona laufen und hier heute mal „locker mitjoggen, vielleicht in Oberstdorf raus.“ Jan „hat Sehnenplatte“ und weiss auch noch nicht so recht, wie weit ihn die Füße tragen werden, möchte allerdings sein sturzbedingtes DNF vom Pitztal-TrailManiak abarbeiten. Ich hab’s dagegen leicht: Letzter Lauf weiter als 23k datiert von vor 4 Wochen, dazwischen weitgehend laufbereinigter Familienurlaub, keine Vorbelastung durch irgendwelche Höhenmeter. AUF GEHT’S!!

Es regnet, das erwähnte ich ja schon. Die Kapuze der Pearl Izumi Ultra Barrier ist genial – dicht sowieso, aber sie umschliesst auch das ganze Gesicht nahezu hermetisch und nichts läuft einem in den Kragen. Ein Buff (der einem eh irgendwann nur noch als nasser Lappen um den Hals hängt) erübrigt sich völlig. Das Innenklima bleibt trotz maximalem Dampfdruck (+1000Hm auf den ersten 14k) angenehm. ASFM-grün ist sie auch noch, also volle Punktzahl.


Kurz vorm 1. VP bei km9 offenbart sich dann dennoch der zweite Planungsfehler: Ich hole die Stöcke (Fizan) aus dem Rucksack (Deuter Speedlite 10) und will sie nun doch langsam in Betrieb nehmen. Ich weiss nicht, wann und wo ich sie zuletzt benutzt habe – auf jeden Fall lässt sich bei beiden das mittlere Segment zunächst nicht lösen! Ich Idiot, warum habe ich diese (Trocken!)-Übung nicht zu Hause gemacht? Jetzt, mit nassen, rutschigen, klammen Fingern habe ich kaum Ansatz an dem nur ca. 1cm schmalen Bereich. Mit etwas nur mässig feuchtem Klopapier gelingt es nach mehreren Anläufen dann doch, alles zu lösen und auf die nötige Länge zu bringen. Uff, man darf aber auch gar nichts außer Acht lassen bei so einem Ding! Wie elementar hier ein Material-Versagen hätte werden können, konnte ich zu dieser Zeit, wo wir uns größtenteils noch auf Asphalt oder Schotterwegen befanden, noch gar nicht ahnen.

Bis zum ersten Checkpoint an der Grasgehren-Alm (km19) und noch etwas darüber hinaus war mir die Strecke wie erwähnt bereits vom Marathon 2012 bekannt. Das hat Vor- und Nachteile. Vorteil: Man erinnert sich grob, was kommt, man weiss, dass dieser Lauf seinen Beinamen „Panorama“ absolut zu Recht trägt, auch wenn einem sich dies heute im Nebel zunächst nicht unbedingt erschliesst. Man freut sich, dass man heute nicht in Staubschwaden gehüllt in diesem herrlichen Talschluss östlich des Riedberger Horns über Kühe steigen muss, die auf dem Weg liegen, und dass es nur leicht graupelt und nicht richtig schneit (später sehen wir die Neuschneegrenze bei geschätzten 1900-2000m). Man rafft sich diese exakt 5m zum Laufschritt auf, um von dem tapferen Fotografen, der dort an gleicher Stelle kurz vor dem Übergang hinunter zur Alm, aber diesmal eben im Schlamm hockt, würdevoll verewigt zu werden. Man freut sich auf den wesentlich größeren noch unbekannten Streckenteil. Nachteil: Man hat schon eine Vorzeit für den ersten Abschnitt, und wird daher spätestens bei der ersten Zwischenzeit erfahren, wie langsam man tatsächlich unterwegs ist (der Garmin ist hinter dem engen Bündchen der Regenjacke bisher keines Blickes gewürdigt worden). Doch große Überraschung: Es sind nur ca. 10 Minuten über „wellige“ 19km, die den Unterschied zwischen dem ambitionierten Lauf 2012 und diesem eher teilnahmslosen Dahintrotten 2014 machen! Die 2:23h bis hier lassen sogar nach einschlägigen Vorab-Studien früherer Ergebniislisten eine sub10h gesamt weiterhin im Bereich des Machbaren erscheinen.

Beschwingt und motiviert durch diese Erkenntnis passieren wir (ja, Jan ist zufälligerweise mal wieder um mich rum) die wunderschönen km bis zur Stelle, wo sich bei der Dinigörgen-Alm die Marathon- und die Ultra-Strecke trennen. Zuvor erhalten wir auf den Wiesen bei der Schönberg-Alm einen Eindruck davon, was aus Dauerregen und Kuhfladen unter den Schuhen einiger Dutzend Vorläufer entsteht: Ein knöcheltiefer, grün-brauner Sumpf, der einem nicht nur fast die Schuhe auszieht, sondern einem hin und wieder auch die Stöcke aus der Hand reisst. Ist ja nur noch etwas mehr als ein Marathon, und ein Drittel der Höhenmeter haben wir auch schon! Aber: Es hört jetzt tatsächlich auf zu regnen, von kurzen Rückfällen abgesehen, und hin und wieder erscheint schon eine Bergflanke aus dem allumfassenden nassen Grau.

Auf dem steilen Trail hinunter nach Rohrmoos zeigt sich dann erstmals der Unterschied zwischen mit und ohne Stöcken bei den gegebenen Bedingungen: Ziemlich mühelos überholen wir einige Läufer, die ohne unterwegs sind, und eben sämtliche Reibung auf den glitschigen Steinen, Wurzeln und im allgegenwärtigen Matsch allein über die Fußsohlen erzeugen müssen. Es folgt der einzige (3km)-Abschnitt, der etwas „öde“ daherkommt. Auf Asphalt geht es schnurgerade ostwärts mässig empor. Wir widerstehen der Versuchung, dies so schnell wie möglich hinter uns zu bringen, und wandern meist brav bergauf. Scherz beiseite, zumindest ich merke hier bei km28 bereits deutlich, dass ich nunmehr 3,5h unterwegs bin und haushalten muss, wenn ich finishen will. Auch registriere ich wohl gerade noch rechtzeitig einen leeren Magen und schiebe etwas foodbar in die Backentaschen. Zurück ins Leben holt mich der optimal bestückte VP am Hörnle-Pass. Mit Blick aufs Kleinwalsertal und die bevorstehende markante Steigung am Gegenhang hinauf zum Söllereck geht es verdauungsfreundlich hinunter nach Riezlern, wo wir die atemberaubende Schlucht der Breitach überqueren. Applaus von den Wanderern, die uns entgegenkommen. Kuhglockengeläut und immer wieder aufmunternde Worte.

Ok, hinauf zum Söllereck (km35-40, 1050-1400m), Geduldsübung, Spielchen („wir laufen bis da hinten, wo der Rote jetzt ist“, „ab den Büschen laufen wir wieder“, usw.). Beruhigend ist, dass wir überhaupt nicht überholt werden. Einige Startnummern tanzen seit Stunden um uns rum, wir schwimmen also offenbar gut mit. Oben setzt zum ersten Mal so etwas wie Zuversicht ein: Das Ding ist im Sack (auch wenn uns das dicke Ende bewusst ist). Kurzweilig, schön und teilweise ziemlich anspruchsvoll hinunter über den malerischen Freibergsee auf die Wiesen südlich von Oberstdorf. Die Sonne scheint (!!!). Jacken aus. Wir dampfen. Schade, fast der ganze Dreck ist wieder von den Schuhen ab! Das sollte sich aber wieder grundlegend ändern. Zum ersten Mal einen lockeren Schritt für die Ebene finden und noch die 3k bis zur 2. Zwischenzeit im Ski-Stadion abspulen. Ja, fast genau 6h für diese fast 49k, das müsste nach menschlichem Ermessen (wir wissen allerdings nicht wirklich, wovon wir reden) eine sub10 werden!
Wir gönnen uns 6min „Pause“ für etwas Weizen, Salzbrot, SMS („alles ok“) an die Fans am Ziel. Als wir weiter wollen, kommt Dennis rein und ist wie wir erneut erstaunt darüber, wie wenig Unterschied „Vollgas“ und „locker laufen lassen“ machen. Auch bis hier nur wenige Minuten. Er will bis zum Ziel „nur noch gehen“ und sich heute „nicht zerschießen“ (und kommt dann 8min nach uns rein …). Weiter. Wir sind im Marschschritt doppelt so schnell wie die Wanderer, die wahrscheinlich 50k weniger in den Beinen haben. Zu viel Adrenalin, ganz klar. Das Stück Oberstdorf – Gaisalpe erinnere ich noch (gegen die Laufrichtung) von meiner post-marathonischen Nebelhornbesteigung 2012 am Tag nach dem Lauf. Also erst hinter der Gaisalpe wieder echtes Neuland. Aber hier ist jetzt endlich APUT-Time: Panorama unter blau-weißem Himmel mit Blick auf die gesamte bereits abgespulte Runde. Geniale Landschaft! Aber immer noch erzählt uns Jan’s Ambit etwas von noch fehlenden 500hm!

Dann die psychologisch wichtige und menschlich sehr herzlich besetzte Station an der Entschenalp (1350m) vor dem Schlussanstieg auf den Sonnenkopf (1712m). Wir bekommen zum lecker Kräuterbrot 0,5l-Cola-Flaschen mit auf den Weg. Aschu darf tragen (weil er hat ja einen Rucksack, in den auch was reinpasst). Nervositäts-Pinkeln direkt vor dem „Einstieg“. Mein erstes Mal heute (seit dem Start), aber immerhin. Die rötliche Färbung kann ich auch schnell wieder zuordnen: Kein Blut, sondern 0,5l Rote Beete-Saft heute morgen, angeblich 16% Leistungssteigerung (EPO bringt nur 7%).

Was jetzt kommt, ist für mich neu: Volle 33min ohne einen einzigen Zwischenstopp für exakt 1.5k, bis wir endlich an diesem verdammten Gipfelkreuz stehen und unseren nicht gebrauchten Cola-Ballast an die dankbaren Nachfolger weiterreichen können. Rechnerisch irgendwas bei 23% Durchschnittssteigung. Steil ist schön und gut, Matsch ist schön und gut, aber steil und Matsch (und wir reden hier von: MATSCH!) nach knapp 60k können grenzwertig sein. Wie das unser dortiger temporärer Begleiter auf Straßen-Slicks ohne Stöcke gemacht hat, bleibt für mich ein Rätsel.

Ich habe keine (benutzbaren) Oberschenkel mehr. Die Aussicht auf 1000hm downhill über 8k (man sieht tatsächlich das Ziel von hier oben!) lässt mich etwas erschaudern – zu Recht, wie sich schnell zeigt. Jan könnte flitzen, aber er will nicht. Ich will, aber ich kann nicht. Es ärgert mich, dass uns dadurch gerade hier auf diesem „einfachen“ Teil zum ersten Mal einige Leute überholen. Und plötzlich stehen da unsere Ladies am Wegesrand, 4k vor dem Ziel. Beide sind heute auch schon gelaufen, allerdings nicht zusammen. Ich hatte unterwegs mit dem Gedanken gespielt, dass das passieren könnte und dass es nett wäre. Ist es jetzt auch, aber ich kann der Freude keinerlei Ausdruck verleihen und muss mich bei jedem Schritt vollständig auf die Kontrolle meiner Schmerzen konzentrieren. Luft zum Reden hab ich eh nicht. Sie werden es verstehen. Endlich eine Passage mit für mich optimalem Gefälle, wo ich ansatzweise rund laufen kann. Pace noch mal 5:00. Wunderschön der vorletzte Kilometer an einem Bach entlang, bis unmittelbar vor dem Ziel ist man umgeben von echter Landschaft. Dann bei geöffneter Schranke über die Schienen und ins Ziel, persönliche Gratulation vom Race Director, Umarmung mit Jan, der letztlich mehr als verdient vor mir in der Ergebnisliste erscheint. Mensch, schon wieder so ein Ding!

Die Ausrüstung hat gestimmt, die Ernährung hat gestimmt, die Taktik hat gestimmt. Alles gut. Nie zuvor habe ich an einem Tag mehr Höhenmeter gemacht, egal ob Wandern und/oder Laufen (es sind wohl gut 3.100). Das erste Weizen, das zweite Weizen. Ich sitze in der Sonne (!!), mehr ist momentan nicht drin. Sanna holt meinen Zielbeutel, Maren holt mein Steinmanderl. Jan holt Pommes. Sanna schwärmt uns vom Sole-Bad vor, das sie nach ihrem 4. Platz im HM genossen hat. Aber Jan und ich brauchen/können das jetzt nicht. Nach Hause, duschen, essen, Feierabend!“ Spricht ja auch nichts dagegen, zwar ist um 17.30 Siegerehrung, aber was wollen wir da? AK-Podium? Niemals! Doch nicht bei einem Berglauf.

Man lernt nie aus.